20.01.2024 M+
Energiewende? Klar, aber warum mit Holzverfeuerung?
Burbach hat als Marxzeller Pilot-Ortsteil die Möglichkeit ein Nahwärmenetz zu erhalten.
Eine riesige Chance für Umwelt und Menschen, wie wir finden.
Bildnachweis: berggeist007/Pixelio.de
Am 18.01.24 präsentierte im Rahmen einer Ortschaftsratssitzung die Umwelt- und Energieagentur (UEA) Kreis Karlsruhe ein mögliches Umsetzungsszenario für Marxzell-Burbach. Ein durchdachtes Konzept, aber mit einem Schwachpunkt: Die Wärmeerzeugung soll auf einem Mini-Heizkraftwerk mit Hackschnitzelverfeuerung basieren.
Dabei soll, um nachhaltig zu bleiben, nur sog. aufbereitetes Landschaftspflegematerial (LPM) in Mischung mit Holzhackschnitzel (HHS) aus Waldrest-/Sägerestholz verwendet werden. Kein Bau-, Brenn- oder Möbelholz.
Nahwärmenetze werden momentan zum überwiegenden Teil auf Basis von Holzverfeuerung geplant.
Warum?
Weil es aktuell die günstigste Primärenergiequelle ist, wenn man Erstinvestition (Heizkraftwerk) und laufende Rohstoffkosten (Hackschnitzel) summiert. Sprich: Augenblicklich günstig für die Kommune und die Verbraucher. Wir fürchten jedoch, das wird sich mittelfristig, vielleicht schon in den nächsten 10 Jahren, ändern.
Viele wissen: In Baden-Württemberg sind alle Kommunen verpflichtet, eine Wärmeplanung vorzulegen. Für Gemeinden unter 10.000 Einwohner, wie Marxzell, wird das erst 2028 von Bedeutung und auch da nur in einer vereinfachten Form. Wir sollten uns diese Zeit auch lassen, da der Beschluss eben dieser Marxzeller Wärmeplanung Auswirkungen auf die Entscheidungsfreiheit unsere Bürger:innen haben wird, z.B. wenn die Heizung kaputtgeht. Bei größeren Gemeinden sieht diese jedoch anders aus. Sie müssen teilweise bereits jetzt oder in naher Zukunft ihre Wärmepläne vorlegen.
Die meisten bisher vorliegenden Wärmeplanungen basierten aus den genannten Kostengründen auf Holzverfeuerung. Werden all diese Konzepte umgesetzt – und so fordert es der Gesetzgeber - wird der Bedarf an Hackschnitzel also massiv steigen. Dieses Häckselholz ist noch (!) in ausreichenden Mengen vorhanden. Dass sich das aber schnell ändern wird, wird einem bei einem kurzen Blick alleine auf unser Nahwärmenetz in Burbach schon klar.
Alleine für die geschätzten 305 Haushalte in Burbach müssen nach Kalkulation der Umwelt- und Energieagentur täglich etwa zwei LKWs á ca. 90 m³ Ladevolumen (das sind zwei 3-achsige 24-Tonner mit Sattelauflieger pro Tag) Hackschnitzel anliefern. Das entspricht ca. 12.000 Festmeter LPM/HHS pro Jahr.
Der Marxzeller Wald selbst produziert augenblicklich insgesamt nur 7.600 Festmeter Holz pro Jahr. Nur ein Bruchteil davon ist Waldhackgut oder Landschaftspflegeholz. Selbst wenn wir all unser selbst produziertes, gutes Bau- und Möbelholz für Burbach verfeuern würden, müssten wir noch fast dieselbe Menge zukaufen.
Jeder kann sich selbst ausrechnen, was passiert, wenn wir dann auch Marxzell-Kernort, Pfaffenrot und Schielberg mit einem Nahwärmenetz ausrüsten wollen.
Wahr ist, dass der Klimawandel unseren Wald belastet und noch weiter belasten wird. In Folge dieser Veränderung wird mehr Schad- und Totholz anfallen. Man könnte vermuten, der Preis wird entsprechend sogar noch fallen.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass diese Mehrmenge durch einen zu erwartenden höheren Bedarf mehr als kompensiert werden wird.
Warum erwarten wir einen höheren Bedarf?
Eine Ausdünnung unseres Waldes produziert mehr Freiflächen. Die Biomasse des Waldes bindet nicht nur CO2. Sie verlangsamt auch die bodennahen Luftströme. Versteppt der Wald, wird dies unter Umständen zu beschleunigtem Austausch von Luftmassen führen, die die jetzt schon erlebbaren Wetterextreme noch weiter verstärken. Sie könnte in Folge zu einer weiteren Erhöhung der Bodentemperatur im Sommer und einer phasenweise noch stärkeren Abkühlung im Winter beitragen.
Sprich: Die Winter werden tendenziell in Abschnitten noch kälter und der Holzbedarf für Wärmeerzeugung steigt sogar an. Wenn wir vermeiden wollen, gutes Holz aus Drittstaaten, wie Rumänien oder Bulgarien oder gar Übersee zu verfeuern, damit wir warme Füße haben, werden die Preise für Hackschnitzel mittelfristig massiv steigen.
Bereits jetzt kalkuliert die UEA mit einem Energiepreis für alle, die in Burbach mitmachen von ca. 0,21 €/kWh. Das ist schon jetzt mehr, als Gas- oder Ölbefeuerung aktuell kosten. Steigt der Preis für Hackschnitzel wie erwartet an, wird aus der Energiewende-Lust von denen, die jetzt mitmachen schnell ein Energiewende-Frust. Denn einen Weg zurück gibt es dann nicht mehr. Ist einmal eine Nahwärmeübergabestation im Haus verbaut, kann man sie durch eine eigene, dezentrale Heizanlage kaum mehr ersetzen.
Daher ist unser Credo: Nahwärmeversorgung ist eine tolle Chance, aber nicht auf Basis von Holzverfeuerung.
Es gibt andere Technologien, die unabhängig von fossilen (Gas, Öl, Kohle) oder biogenen (Holzverfeuerung, Biogas usw.) arbeiten. Nur sind diese in der Erstanschaffung teurer als die momentan noch günstigen Hackschnitzelheizkraftwerke.
Wir setzen auf Wärmepumpen mit Tiefen- oder Flächenkollektoren. Zwar sind die Initialkosten höher, aber die einzige Primärenergiequelle, die im Betrieb zugekauft werden muss ist Strom und auch das nur in verhältnismäßig geringen Mengen.
Kombinieren wir nun unser neues Heizkraftwerk mit Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden in Burbach (z.B. der Feuerwehr, Gebäuden auf dem Windeckareal usw.) können wir auch diesen selbst und damit kostengünstig und kostenstabil produzieren.
Damit könnte die Gesamtinvestition über die Laufzeit der Anlage betrachtet ähnlich günstig bleiben, wie bei dem vorliegenden Hackschnitzelkonzept.
So sind wir als Kommune, aber auch alle Bürger:innen, die diesen Weg mitgehen und sich an die Nahwärmeversorgung anschließen, unabhängig von den Schwankungen auf dem Holzmarkt.
So erreichen wir wirklich eine Energiewende, in der Marxzell autark unsere Wärme und ggf. unseren Strom selbst produzieren.
Das ist in unseren Augen nachhaltiges und verantwortungsvolles Handeln gegenüber Bürger:innen und der Natur.