08.04.2022 PM
80.000 € für ein Fest, aber kein Geld für Kindergärten?
In letzter Zeit häufen sich in Gesprächen mit Bürger:innen die Kritik, wie denn eine Gemeinde wie Marxzell dieses Jahr 80.000 € für eine 50-Jahr-Feier ausgeben könne, aber kein Geld für einen Kindergarten im Haushalt einstelle.
Gleich vorweg: Auch wenn ein 50. Geburtstag definitiv ein Grund zum Feiern ist, sind und waren Marxzellplus und einige andere Gemeinderät:innen dagegen, die 50-Jahr-Feier wie geplant durchzuführen. Das wäre auch preiswerter gegangen. Wir finden, dieses Geld brauchen wir anders nötiger.
Aber zunächst ein kurzer Rückblick: Die Gemeinde Marxzell gab es noch nicht immer. Sie entstand erst am 1. Juli 1971 durch die Vereinigung der Gemeinden Burbach, Pfaffenrot und Schielberg.
Nun ist Marxzell aber leider notorisch klamm in der Kasse und gerade jetzt, wo wir große Projekte, wie die Neuausrichtung unserer Schulen und Kindergärten, angehen müssen zählt jeder Cent.
Und doch planen wir bei all der Knappheit eine Feier, die prognostizierte Ausgaben in Höhe von 80.000 € aufweist?
Spricht man mit den Befürwortern der Feier, dann bekommt man sofort zur Antwort, dass dies ja nur die eine Seite der Medaille sei. Auf der anderen Seite stünden prognostizierte Einnahmen von ca. 67.500 € aus Spenden und dem Kartenverkauf, sodass für die Gemeinde „nur“ ein Kostenaufwand von ca. 12.500 € verbliebe. Das klingt doch prima, auch wenn 12.500 € immer noch viel Geld ist.
Wer sich jetzt beruhigt zurücklehnt und denkt, dass das 50-jährige Bestehen unserer wirklich wunderschönen Gemeinde 12.500 € doch wert sein muss, für den oder die betrachten wir die prognostizierten Einnahmen etwas detaillierter.
Als Spenden sind 22.500 € eingeplant. Soweit bekannt sind davon bisher 12.500 € tatsächlich geflossen. Aber das kann ja noch kommen.
Um die restlichen Einnahmen aus dem Kartenverkauf in Höhe von ca. 45.000 € zu erwirtschaften, wurden für die Veranstaltungen der „da Blechhaufn“ und der „Kaisermusikanten“ jeweils 1.000 verkaufte Karten pro Veranstaltung angenommen.
1.000 Besucher in der Klosterruine Frauenalb? Wo sollen die denn alle parken? Im Naturschutzgebiet Frauenalb oder im Biotop Frauenalb? Auf dem Parkplatz des Königs von Preußen jedenfalls nicht.
Sie könnten natürlich auch mit der Straßenbahn anfahren. Parkplatzproblem gelöst!
Aber: Die von der KVV momentan eingesetzten Bahnen haben eine durchschnittliche Maximalkapazität von ca. 150 Sitz- und Stehplätzen. Dann ist man aber wirklich wie der Hering in der Dose.
Bei 1.000 Gästen würde das zumindest sieben voll besetzte Trams bedeuten. Die Trams nach Frauenalb fahren im Schnitt alle halbe Stunde. Damit alle Gäste z.B. für die „Kaisermusikanten“, die am Sonntag um 11 Uhr spielen werden, rechtzeitig da sind, müssten die ersten 150 Gäste schon um 7:30 Uhr mit der Bahn nach Frauenalb fahren.
Na dann: Frohes Warten.
Natürlich können ein paar wenige mit dem eigenen Auto anfahren und man könnte bei der KVV beantragen Sonderzüge oder Shuttlebusse einzusetzen. Doch alles, was außerfahrplanmäßig fährt, muss die Gemeinde zusätzlich anmieten. Das kostet extra und käme auf die 80.000 € noch drauf. Sprich: Es müssten weit mehr als 1.000 Gäste pro Veranstaltung kommen, um das zu refinanzieren.
Alleine dieses einfache Rechenbeispiel zeigt, dass die Kalkulation der Einnahmen etwas, freundlich formuliert, hoffnungsvoll ist.
Da wird die Kritik der Bürger:innen doch wieder verständlich: Muss denn diese Feier wirklich sein? Haben wir nichts Wichtiges, für das wir dieses Geld verwenden könnten?
Ach ja, noch ein Denkanstoß: Nicht nur Marxzell wurde 1971 gegründet. In diesem Jahr fanden viele Zusammenschlüsse statt, z.B. auch unsere Nachbargemeinde Karlsbad.
Und was macht Karlsbad zu ihrem 50-jährigen Jubiläum?
Nichts!
Karlsbad hat ein Freibad, sechs großflächige Sport- und Mehrzweckhallen, eine Gemeindebibliothek und nicht zuletzt zwei gut frequentierte Kleinkunstbühnen. Die Gemeinde ist dreimal so groß wie Marxzell und finanziell richtig solide aufgestellt. Kurz gesagt: Karlsbad hätte das Geld für eine große Feier gehabt. Und doch haben sie auf eine 50-Jahr-Feier verzichtet und investieren das gesparte Geld lieber in die Einrichtungen der Gemeinde, als in eine Feier.
Die Frage sei erlaubt: Sind die Karlsbader vielleicht vernünftiger als die Marxzeller?
Na ja; in Karlsbad sind sie auch an anderer Stelle schon weiter. Hier hat sich auch schon ein Ortschaftsrat selbst abgeschafft …